Magisch Ent­schei­dun­gen treffen

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Selbst­or­ga­ni­sier­te Teams haben das Pri­vi­leg, eigen­stän­dig Ent­schei­dun­gen tref­fen zu kön­nen und die­se dann zu ver­tre­ten. Wo es aller­dings sie­ben Per­so­nen in einem Team gibt, da gibt es min­des­tens acht unter­schied­li­che Mei­nun­gen. Wie man das Team dabei unter­stüt­zen kann, effek­tiv eine Aus­wahl aus vie­len Alter­na­ti­ven zu tref­fen, will ich im Fol­gen­den beschreiben.

Ein neu­es Pro­jekt steht an und es gilt, eine pas­sen­de Tech­no­lo­gie aus­zu­wäh­len, die am bes­ten passt. Was im klas­si­schen Umfeld einer Füh­rungs­per­son, wie dem Tech­ni­schen Lei­ter oder Pro­jekt­lei­ter vor­be­hal­ten ist, wird im agi­len Umfeld dem selbst­or­ga­ni­sier­ten Team über­las­sen. Die Her­aus­for­de­rung besteht nun dar­in, dem Team bei der Ent­schei­dungs­fin­dung dahin­ge­hend zu hel­fen, dass sie unter­schied­li­che Mög­lich­kei­ten effek­tiv dezi­mie­ren und einen Kon­sens finden.

Ich stand vor eini­ger Zeit vor einer sol­chen Auf­ga­be. Das Team hat­te ein Duzend Vor­schlä­ge eva­lu­iert und soll­te sich für einen ein­zi­gen ent­schei­den – und das in maxi­mal einer Stun­de. Da eine offe­ne Gesprächs­run­de kei­ne Opti­on war, da hier zu lan­ge und oft zu emo­tio­nal debat­tiert wird, muss­te eine Metho­dik her, wel­che schnell die Men­ge an Alter­na­ti­ven redu­ziert und gleich­zei­tig eine effek­ti­ve Dis­kus­si­on zulässt.

Es gibt also zwei Vor­aus­set­zun­gen, die erfüllt wer­den müs­sen: Ers­tens soll nicht zu viel Zeit damit ver­geu­det wer­den, etwa drei Top-Kan­di­da­ten aus­zu­wäh­len. Zwei­tens soll nie­mand mit einer Ent­schei­dung leben müs­sen, die er per­sön­lich für unpas­send hält, für die sich aber die Mehr­heit im Team ent­schie­den hat.

Top drei

Zur Eli­mi­nie­rung der vie­len Alter­na­ti­ven habe ich mich für eine an das „Magic Esti­ma­ti­on“ ange­lehn­te Vor­ge­hens­wei­se ent­schei­den – man könn­te also das Vor­ge­hen auch „Magic Decis­i­ons“ nen­nen. Dabei wer­den in der Vor­be­rei­tungs­pha­se alle Vor­schlä­ge auf je ein Post-it oder etwas Ähn­li­ches geschrie­ben und auf der rech­ten Sei­te einer Tafel ange­bracht. Auf der lin­ken Hälf­te befin­det sich oben ein Post-it mit dem Text „Top“, unten ein wei­te­res mit dem Text „Flop“. Dies soll den Stel­len­wert eines Objekts abbil­den. Das Team wird nun auf­ge­for­dert, unter Beach­tung einer Regel, der Rei­he nach die Post-its der rech­ten Sei­te auf die lin­ke Sei­te zu bewe­gen. Die Regeln lau­ten wie folgt:

  • Jeder Teil­neh­mer darf pro Durch­gang ent­we­der nur einen Zet­tel von rechts nach links bewe­gen oder den Stell­wert eines bereits links ange­brach­ten Zet­tels um ledig­lich eine Posi­ti­on nach oben oder unten bewegen.
  • Die Durch­gän­ge wer­den so lan­ge wie­der­holt, bis die Anord­nung der Zet­tel auf der lin­ken Sei­te sta­bil ist.

Im Ide­al­fall hat man damit bereits eine deut­lich klei­ne­re Aus­wahl aus allen Alter­na­ti­ven auf der lin­ken Sei­te im „Top oder Flop“-Bereich und den übrig geblie­be­nen Groß­teil auf dem unsor­tier­ten Hau­fen rechts. Das liegt dar­an, dass bedingt durch die Spiel­re­geln, jeder nur die aus sei­ner Sicht bes­te Alter­na­ti­ve aus meh­re­ren zu „ret­ten“ und sie gleich­zei­tig gut zu plat­zie­ren ver­sucht. Fer­ner sind im Ide­al­fall bereits die bes­ten Alter­na­ti­ven oben und die weni­ger guten wei­ter unten ein­sor­tiert. Man nimmt nun die­se unte­ren Zet­tel ab und fragt dabei die Grup­pe, ob es in Ord­nung ist, wenn jeder der abge­nom­me­nen Vor­schlä­ge aus der End­aus­wahl aus­schei­det. Soll­te jemand nicht ein­ver­stan­den sein, so bleibt der Zet­tel am Bord. Der unsor­tier­te Hau­fen auf der rech­ten Sei­te kann ein­fach ent­fernt werden.

Mit mir nicht

Im zwei­ten Teil geht es dar­um, die Zustim­mung der Anwe­sen­den zu den ver­blie­be­nen Vor­schlä­gen abzu­fra­gen. Hier­zu wird zuerst eine Ska­la von eins bis fünf auf­ge­malt und zusätz­lich beschriftet:

  1. Befür­wor­ten
  2. Zustim­men mit Bedenken
  3. Geteil­te Meinung
  4. Dage­gen, aber der Grup­pe folgen
  5. Blo­ckie­ren

Die ver­blie­be­nen Alter­na­ti­ven wer­den jetzt vom Board genom­men und her­um­ge­reicht. Dabei soll jeder der Teil­neh­mer auf die Rück­sei­te sei­nen Zustim­mungs­grad notie­ren (1−5). Am Ende wer­den die Zet­tel wie­der ein­ge­sam­melt und zurück ans Board gebracht. Die Zah­len auf der Rück­sei­te wer­den neben den jewei­li­gen Vor­schlag geschrieben.

Die Aus­wahl

Die Alter­na­ti­ve mit den nied­rigs­ten Zah­len gewinnt. Vor­schlä­ge, wel­che eine „fünf“ ent­hal­ten, soll­ten nicht wei­ter betrach­tet wer­den, da anschei­nend jemand im Team bei die­sem Ele­ment nicht mit­ge­hen kann. Wie zuvor, wird das Team aber­mals gefragt, ob es mit dem Sie­ger ein­ver­stan­den ist.

Con­clu­sio

Mit die­sem, wie ich fin­de, sehr effek­ti­vem Ver­fah­ren, kann man sehr schnell und ohne grö­ße­re Dis­kus­sio­nen, eine Aus­wahl aus vie­len Alter­na­ti­ven tref­fen. Es wird zügig eine klei­ne­re Aus­wahl getrof­fen und im letz­ten Schritt die Zustim­mung oder Ableh­nung eines jeden Team­mit­glieds abge­fragt. Die Ska­la der Zustim­mung soll hier­bei Gra­ben­kämp­fe und ein „schwarz – weiß“-Denken ver­hin­dern. Wie in der Magie bedient man sich hier also eini­ger Tricks. Es sei an die­ser Stel­le noch kurz gesagt, dass bei Pro­ble­men im ers­ten Teil – eine sta­bi­le Ord­nung wird nicht erreicht, son­dern jeder schiebt sei­nen eige­nen Favo­ri­ten nach oben – oder im zwei­ten Teil – wenn also jeder die Alter­na­ti­ven mit einer „fünf“ blo­ckiert und den per­sön­li­chen Favo­ri­ten mit einer „eins“ bevor­zugt – das Team tie­fer­ge­hen­de Pro­ble­me hat, wel­che zuerst ange­gan­gen wer­den müs­sen. Erst wenn die­se gelöst sind, kann das Team als sol­ches arbei­ten und gemein­sam im Kon­sens Ent­schei­dun­gen treffen.