Der Agi­le Scrum Mas­ter Coach

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Was ist ein Agi­le Coach? Was ist ein Scrum Mas­ter? Ist der Agi­le Coach ein Scrum Mas­ter oder ein Scrum Mas­ter ein Agi­le Coach? Die­sen Fra­gen will ich im fol­gen­den auf den Grund gehen.

Sehe ich mir die vie­len Stel­len­an­zei­gen an oder spre­che auch nur mit Leu­ten, die im agi­len Umfeld arbei­ten, so stel­le ich schon län­ger fest, dass die bei­den Rol­len als Syn­onym ver­wen­det wer­den. Gesucht wird da oft ein “Scrum Master/​Agile Coach“ der – frei wie­der­ge­ge­ben – “das Team empowered” und “die Impe­di­ments aus dem Weg räumt”. Auch in den Unter­neh­men, in Teams, ja sogar von Agi­le Coa­ches und oder Scrum Mas­tern wer­den bei­de Rol­len­be­zeich­nun­gen syn­ony­misch ver­wen­det. Rai­der ist jetzt also Twix, sonst ändert sich nix (eine Wer­bung aus den 90er)?
Bevor die­se Fra­ge durch mei­ne Mei­nung beant­wor­tet wird, soll­ten doch zual­ler­erst die bei­den Rol­len defi­niert werden.

Der Scrum Master

Was ist ein Scrum Mas­ter? Der Scrum Mas­ter ist ein fes­ter Bestand­teil eines Scrum-Teams und nimmt dort bestimm­te Auf­ga­ben wahr. Ein Scrum-Team besteht aus den Ent­wick­lern, wel­che die Anfor­de­run­gen des Pro­duct Owners umset­zen. Es gibt den Pro­duct Owner, der die Anfor­de­run­gen defi­niert, die Visi­on umsetzt und das Stake­hol­der Manage­ment durch­führt, um damit als sin­gle point of cont­act Anfor­de­run­gen zu kana­li­sie­ren. Und es gibt den Scrum Mas­ter, den Wäch­ter des Pro­zes­ses, der für die Ein­hal­tung der Scrum-Regeln ver­ant­wort­lich ist, die Mee­tings mode­riert und von dem Team die Impe­di­ments abhält oder löst. In die­sem Rah­men ist auch er für das Stake­hol­der­ma­nage­ment ver­ant­wort­lich. So oder so ähn­lich fin­det man die Beschrei­bung der Rol­len in nahe­zu jedem Scrum-Buch. Der Scrum Mas­ter sorgt also dafür, dass Scrum „rich­tig“ prak­ti­ziert wird, er mode­riert und er “löst Impe­di­ments”. Oft liest man zusätz­lich noch, dass er das Team coacht, und dass der gute Scrum Mas­ter sich selbst über­flüs­sig macht.

Der Agi­le Coach

Die Rol­le des Agi­le Coach ist mei­ner Mei­nung nach nicht so gut und aus­führ­lich defi­niert. Sie ent­hält die bei­den Begrif­fe Agi­le und Coach im Namen. Die­se bei­den Begrif­fe sind es auch, die ich zur Defi­ni­ti­on der Rol­le nut­zen möchte.
Ein Coach wird im All­ge­mei­nen als ein Bera­ter ver­stan­den, der jedoch kei­ne Lösungs­vor­schlä­ge ein­bringt, son­dern dem Coa­chee oder den Coa­chees bei der Ent­wick­lung eige­ner Lösun­gen metho­disch hilft. Die Annah­me hier­bei ist, dass der Coa­chee der Exper­te schlecht­hin für sein indi­vi­du­el­les Pro­blem ist und daher am bes­ten eine Lösung fin­den kann. Bei die­ser Suche beglei­tet ihn der Coach. Die­ser Teil der Rol­le ist also rela­tiv gut definiert.
Auch der Begriff Agi­le ist gut defi­niert. Agil ist hier nicht direkt als “reg­sam und wen­dig” gemeint, wie es der Duden defi­niert. Viel­mehr bezieht sich die­ser auf die Defi­ni­ti­on der Agi­li­tät aus dem Agi­le Mani­festo aus dem Jah­re 2001. Die­ses Mani­fest wur­de als Aus­weg aus den Pro­ble­men der klas­si­schen Soft­ware­ent­wick­lung defi­niert und ent­hält neben den sog. Agi­len Wer­ten auch zwölf Prin­zi­pi­en, die die­se agi­le Arbeits­wei­se beschrei­ben. Agil bedeu­tet also erst ein­mal, den agi­len Wer­ten und Prin­zi­pi­en folgend.
Der Agi­le Coach ist also dafür da, ein Team oder ein Unter­neh­men dabei zu beglei­ten, agil im Sin­ne des o.g. Mani­fests zu wer­den und durch geziel­tes Nach­fra­gen, durch Fin­ger in die Wun­de legen ein Umden­ken zu för­dern, damit das Team oder das Unter­neh­men die gewünsch­te Agi­li­tät selbst imple­men­tiert. Die Beto­nung hier­bei liegt aller­dings auf dem Coa­ching und nicht auf dem Bera­ten! Coa­ching bedeu­tet dabei immer auch, dass ein Coa­ching-Auf­trag for­mu­liert wird und dass ein gewis­ser Grad an Bereit­schaft und Frei­wil­lig­keit gege­ben ist.

Der Agi­le Scrum Coach?

Nun ist es zufäl­lig tat­säch­lich so, dass Scrum eine Metho­de oder ein Rah­men­werk ist, welche(s) dabei hel­fen kann, Agi­li­tät ein­zu­füh­ren. Idea­ler­wei­se soll­te der Scrum Mas­ter daher auch ver­ste­hen, was Agi­li­tät bedeu­tet. Zumin­dest bei jun­gen Scrum Mas­tern reicht es aber für den Anfang, wenn sie sich tat­säch­lich ganz auf die Rol­le und Metho­de nach Anlei­tung fokus­sie­ren und zum Exper­ten hin­sicht­lich des Scrum-Vor­ge­hens wer­den und die­se dann auch bera­tend imple­men­tie­ren. Die­se Rol­le bie­tet schon genü­gend Herausforderungen!

Kann also der Agi­le Coach als Scrum Mas­ter arbei­ten? Ja, er kann tem­po­rär die­se Rol­le über­neh­men und ggf. einen Scrum Mas­ter aus­bil­den oder coa­chen. Aber die pri­mä­re Auf­ga­be bleibt eben das Coa­ching hin zur Agi­li­tät im Sin­ne der Erfin­der und nicht beim Tages­ge­schäft in der Rol­le des Scrum Mas­ters (sog. Impe­di­ment-Manage­ment und Scrum-Pro­zess-Imple­men­tie­rung). Das ein­zi­ge Impe­di­ment, wel­ches der Agi­le Coach weg­räumt, ist die gedank­li­che Blo­cka­de beim Coa­chee. Daher: plz, don’t call it schnitzel!

Kann also der Scrum Mas­ter als Agi­le Coach arbei­ten? Ja, irgend­wann ist der Punkt hof­fent­lich erreicht, da Scrum imple­men­tiert ist und das Team so selbst­or­ga­ni­siert agiert, dass der Scrum Mas­ter nicht mehr (so stark) benö­tigt wird. Wenn der Scrum Mas­ter sich dann wei­ter­ent­wi­ckeln möch­te, ist die Rol­le des Agi­le-Coa­ches ein denk­ba­rer Weg. Aber es ändert sich eben der Fokus und die Art der Arbeit und daher: Bringt bit­te nicht bei­des durch­ein­an­der und don’t call it schnit­zel!

Ist der Scrum Mas­ter und der Agi­le Coach das glei­che? Nein. TL;DR: Scrum Mas­ter ist eine defi­nier­te Rol­le im Scrum Regel­werk und ist dazu da, Scrum erfolg­reich zu imple­men­tie­ren. Agi­le Coach bie­tet Hil­fe zur Selbst­hil­fe auf dem frei­wil­li­gen Weg zur agi­len Arbeits­wei­se im Sin­ne des Agi­len Mani­fests und hat immer auch einen defi­nier­ten Coaching-Auftrag.