Der Pro­duct Owner im Agen­tur­be­trieb – ein Oxymoron?

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Nicht immer hat man den Luxus, dau­er­haft an einem Pro­dukt zu arbei­ten und vie­le Ent­wick­lungs­teams müs­sen in einem Modus arbei­ten, der einer Agen­tur ähnelt: Es gibt eine Pro­jekt­pha­se, ein fes­tes Bud­get, ein Pro­jekt-Ende und dann gibt es höchs­tens noch die Maintenance.

Obgleich sowohl der Umsetzer/​Dienstleister als auch der Auf­trag­ge­ber um die Vor­tei­le der agi­len Ent­wick­lung wis­sen – leicht­ge­wich­ti­ge Anfor­de­rungs­de­fi­ni­ti­on, schnel­le­re und ein­fa­che­re Ver­trags­ver­hand­lung, Ein­fluss wäh­rend der Pro­dukt-Ent­ste­hung – ähnelt das gan­ze dann doch mehr oder weni­ger einem klas­si­schen Pro­jekt. Ist das wirk­lich noch agil?

Die Agi­li­tät bei sol­chen Pro­jek­ten besteht dar­in, dass wegen noch nicht voll­ends aus­de­fi­nier­ten Anfor­de­run­gen, sowohl der Pro­duct Owner als auch das Team Frei­hei­ten bei der Gestal­tung der Fea­tures haben und regel­mä­ßig Feed­back erhal­ten. Der Kun­de muss eng mit­ar­bei­ten und hat die Mög­lich­keit, noch weit vor der Fer­tig­stel­lung Ände­run­gen anzu­mel­den und bekommt für sei­ne Mühen am Ende dank der Feed­back­schlei­fen tat­säch­lich das gelie­fert, was er wirk­lich haben woll­te. Aller­dings ist durch das Bud­get die har­te Gren­ze gesetzt, sodass zu vie­le Ände­rungs­wün­sche (an sich etwas sehr Posi­ti­ves) letz­ten Endes dazu füh­ren, dass nicht alle Fea­tures umge­setzt wer­den kön­nen. Har­te Prio­ri­sie­rung ist hier also Pflicht.

Voll agil, voll gut?

Alles gut also? Agil im Sin­ne des Erfin­ders? Ja, aber …

Zwar wer­den bei die­ser Art von Auf­trag in der Tat die vier Wer­te des agi­len Mani­fests und auch die zwölf Prin­zi­pi­en zu gro­ßen Tei­len ein­ge­hal­ten. Ein wich­ti­ger Aspekt der Arbeit eines Pro­duct Owners gerät jedoch gänz­lich unter die Räder: Das Expe­ri­men­tie­ren, die KPI getrie­be­ne per­ma­nen­te Opti­mie­rung des Pro­dukts für den End­nut­zer – und damit ein wesent­li­cher Teil des­sen, was erst rich­tig Spaß macht.
Was mei­ne ich damit? Der Kun­de war doch invol­viert und bekommt das, was er aktiv durch sei­ne not­wen­di­ge Mit­ar­beit mit­ge­stal­tet hat. Ket­ze­risch kann nun die Fra­ge gestellt wer­den: Ist es wirk­lich die opti­ma­le Lösung, das, was einen ech­ten Mehr­wert dem End­nut­zer bringt, ja die bes­te Nutzererfahrung?

Man wird es nie erfah­ren! Denn woher soll man wis­sen, wie das Pro­dukt bei dem End­nut­zer ankommt? Der Pro­duct Owner ist ein Exper­te, er ist umge­ben von Exper­ten für User-Inter­faces, Exper­ten für die Ent­wick­lung. Kei­ne die­ser Per­so­nen­grup­pen ist jedoch all­wis­send und kann mit Sicher­heit sagen, wie der Nut­zer am Ende die Soft­ware ver­wen­det wird. Natür­lich bedie­nen sich die Betei­lig­ten der Best Prac­ti­ces der jewei­li­gen Domä­ne und die Soft­ware wird garan­tiert auch benutz­bar sein. Aber wird sie beim Nut­zer die­ses WOW-Gefühl hin­ter­las­sen? Die­sen Ein­druck, der dafür sorgt, dass der Nut­zer eben die­ses Pro­dukt lie­ber ver­wen­det, als jenes der Konkurrenz.

Das WOW-Gefühl beim Nutzer

Wie erzeugt man die­ses WOW-Gefühl, wenn man nicht das sel­te­ne Glück hat­te, den Nagel beim ers­ten Mal auf den Kopf zu schla­gen? Hat ein Pro­dukt eine gewis­se Rei­fe erlangt, beginnt die wich­ti­ge Opti­mie­rungs­pha­se. Hypo­the­sen wer­den erstellt und aus­pro­biert, Inter­views mit Nut­zern geführt, neue Hypo­the­sen defi­niert, aus­pro­biert und für den Erfolg signi­fi­kan­te Metri­ken mit den ange­nom­me­nen Soll­wer­ten ver­gli­chen (aka KPI – Key Per­for­mance Indicator).
In dem oben erwähn­ten Pro­jekt­set­up ist das aber nun nicht mehr gege­ben, da das Pro­jekt been­det, die Soft­ware übergeben/​ausgeliefert und das Bud­get auf­ge­braucht ist. Die gro­ße Gefahr besteht dar­in, dass man zwar irgend­was gebaut hat, von dem alle Betei­lig­ten anneh­men, dass es gut und das rich­ti­ge ist, mit gro­ßer Wahr­schein­lich­keit aber sein vol­les Poten­zi­al nicht aus­schöpft und daher im schlimms­ten Fall im Mit­tel­maß unter­geht, zumin­dest aber nie wirk­lich abhe­ben wird.

Fazit

Ist somit der Pro­duct Owner in die­sem Agen­tur­be­trieb ein Oxy­mo­ron? Ich mei­ne: ja, da er das Pro­dukt nicht wirk­lich “owned” und es nicht zum leuch­ten­den Stern opti­mie­ren kann, wie es von sei­ner Rol­le ver­langt wird, schlim­mer noch, wie er es selbst von sich ver­langt, um sei­nem Selbst­ver­ständ­nis nach­zu­kom­men. Am Ende lie­fert man ein Pro­dukt ab, an dem der Kun­de mit­ge­ar­bei­tet hat und wel­ches er sogar gut fin­det. Aber ist der Kun­de auch der Endnutzer?